Ich sehe dich

Ein spontaner Ausflug ins Kaffee um die Ecke.
Einer der letzten lauwarmen Abende.
Kurz vorm Sonnenuntergang.
Wir lachen, reden, essen und trinken.
"Ich sehe dich", sagt er dann.
Ich schaue auf, werde aus der gewohnten Atmosphäre gerissen.
"Ich sehe dich auch", sage ich dann.


Schon oft hab ich darüber nach gedacht und versucht wie ich dieses Gefühl, dass man einen Menschen sieht, fühlt und wahrnimmt, genau wie er eben ist, in Worte zu fassen.
Ist es das was man Liebe nennt?
Zu realisieren, dass der Andere vor einem steht mit all seinen Macken, Problemen, Komplexen, Besonderheiten und Geheimnissen und ihn trotzdem so zu wollen wie er ist?
Diese völlige physische, aber auch psychische Nacktheit vor dem Anderen macht Angst und hat auch mich Überwindung gekostet. Ich habe die Hüllen fallen lassen, im übertragenem Sinne und kann erst jetzt gesehen werden. Diesen Zustand zu realisieren löst Euphorie aus.


Ich komme zum Schluss, dass dieses Gefühl jemanden zu sehen, wie er ist, ganz tief in seinem Kern eine einzigartige Mixtur aus den Zutaten Vertrauen, Liebe, aber auch Zeit ist und dass sie einzigartig und nicht wiederholbar ist.
"Ich sehe dich und du siehst mich", denk ich mir und wenn auch die Liebe irgendwann gehen sollte, dieser spezielle Cocktail bleibt.



Ilusstration: "wash my hair"  by Julia Sumislawski

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